Leben und leben lassen auf den Kanaren

Man kann durchaus behaupten, dass die Kanarischen Inseln ein bisschen was vom Paradies haben. Bestes Wetter, nette Leute und zum Teil beeindruckende Natur. Im Laufe der Jahre haben wir uns hier einen Eindruck verschaffen können, der mich dazu veranlasst hat, die Dinge einmal von der entspannten Seite aus zu betrachten. Da stößt mir nämlich immer wieder ein Punkt etwas sauer auf, wenn ich meine Landsleute beobachte, höre und erlebe. Der Punkt ist, wie sich die Teil oder Dauer residenten Bürger meines Heimatlandes hier gebärden. Zu meinem Bedauern kultivieren hier nicht wenige Deutsche das Nörgeln, wie sie es in Deutschland scheinbar mit der Muttermilch zu sich genommen haben.

Es sind immer wieder diese etwas verstockten älteren Mitbewohner, die sich schon an den vor Jahrzehnten gescholtenen weißen Tennissocken zu erkennen geben, die nicht in der Lage sind sich der Schönheit dieser Inseln und dem hiesigen Leben zu ergeben.

Nein, sie möchten das schöne Klima, das Meer und die Sonne aber den Rest bitte mit deutscher Verlässlichkeit. Von der Speisekarte bis zum Kegelclub und weiter.

Wie oft höre ich abfällige Bemerkungen über die Inselbewohner bezüglich ihrer mangelnden Fähigkeiten und ihrer Unpünktlichkeit, über Dinge die sie anders aber nicht schlechter machen nur eben nicht so wie ein Deutscher.

Tugenden scheint ein Canario demzufolge nicht zu besitzen. Als der Welt offen geneigter Mensch kann man da schon an seine Grenzen stoßen. Mein Vorschlag dazu lautet:

Liebe pathologisch nörgelnde deutsche Residenten, sofern sie bemerken, dass sie nörgeln, versuchen sie doch einmal zu akzeptieren, dass wir nicht die vollkommene Rasse sind, dass wir nicht alles besser können und so oder so immer Recht haben. Wir sind damit schließlich auch prägendes Weltbild.

Der Gewinn liegt im Verzicht

Mir ist schon längst bewusst, dass die, die am lautesten pöbeln, immer alles besser wissen und die anderen stets kritisieren, selbst die sind, die die größten Defizite aufweisen. Ich weiß nur zu gut, wie hart es sein kann als Perfektionist erzogen zu sein und ein solches Leben zu meistern. Und glauben sie mir, ich weiß, dass es anders geht. Auch ohne Deutsche Akkuratesse, ohne „fünf Minuten vor der Zeit ist des Soldaten Pünktlichkeit“ kann man überleben. Mehr noch, man gewinnt an Qualität.

Also denken sie daran, je lauter sie nörgeln, desto deutlicher stellen sie sich selbst ein Armutszeugnis aus. Denn, nörgeln ist die Zufriedenheit der Unzufriedenen. Zu denen wollen sie doch nicht gehören – oder?

Sicher, mir fallen auch viele Dinge auf, wo die hiesigen Bewohner Nachholbedarf haben, sogar wo sie sehenden Auges immer noch dieselben Fehler machen, wie vor Jahrzehnten. Aber sie können schließlich auch nicht auf das Ausbildungssystem zurückgreifen, wie wir es können. Aber es wird! Wer seine Augen offen hat und seine Antennen auf Empfang stellt, der wird sehr schnell erkennen, dass hier gewaltig was passiert und passieren wird.

Zudem kommt noch die Anregung, dass es sehr wohl gut tun kann, wenn man sich auf kleine Unzulänglichkeiten einlässt. Man wächst. Ja, sie haben richtig gelesen man wächst. Sie werden es vielleicht nicht glauben aber es ist ein Gewinn, wenn wir akkuraten Deutschen einmal zulassen, den rechten Winkel auch mit 89,5 Grad zu akzeptieren. Und die Welt geht schließlich auch nicht unter, selbst wenn der Untergang unpünktlich wäre. Wir kommen dann so oder so alle mit. Lassen sie die Schönheit des hiesigen Lebens auf sich wirken. Freuen sie sich, wenn der Canario sich von Auto zu Auto vor ihnen unterhält. Er macht es wenigstens noch. In Deutschland ist das undenkbar. Wir müssen schaffen, ackern, hetzen und stressen, sonst sind wir kein guter Deutscher. Blödsinn sage ich ihnen, absoluter Blödsinn!!.

Natürlich komme ich auch ab und an ins Staunen ob der Geschwindigkeit mit der man ein Km/h 90 Schild interpretiert, aber was macht es wirklich? Was habe ich wirklich gewonnen mit den ein oder zwei Minuten, die ich schneller in Santa Cruz bin? GAR NICHTS! Das Treiben an der Kasse im Supermarkt, auf dem Amt oder in den Cafes hat so viel Charme, wenn man es denn zulässt. Und der Gewinn liegt ganz bei einem selbst.

Versuchen sie einmal nicht arrogant davon auszugehen, dass der Canario Deutsch spricht. Geben sie ihm einen kleinen Wink und radebrechen sie etwas Spanisches zusammen, er wird sich freuen. Oder können sie türkisch? Also liebe knurrigen Residenten und Urlauber bitte behalten sie ihr Nörgeln für sich. Sie können es ja in Deutschland weiter verfeinern. Da fällt es niemandem mehr auf, wie wir uns in diesem kommerziellen Hamster-Rad die Seele vergiften. Erweisen sie uns, die hier glücklich und zufrieden leben, einen Gefallen und arbeiten an sich oder ziehen sie einfach wieder nach Deutschland.

Bis dahin, reflektieren sie sich einmal……

Ihr Jean-Bas

2 thoughts on “Leben und leben lassen auf den Kanaren

  1. Ich kann diesen Ratschlägen nur zustimmen. In bald 30 Jahren auf Lanzarote habe ich immer wieder, und auch jetzt noch, genau solche Menschen in enormen Ausmass getroffen. Ich kann auch nur empfehlen, die kanarische Lebensart anzunehmen. Manchmal sind eben 5 grade, Punkt. Und dann wird das Leben sehr lebenswert hier auf den Kanaren.

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